Nach der Corona-Zwangspause fand am 13.06.2023 erstmals wieder eine "AULA Lessing"-Veranstaltung statt. Das Thema der Veranstaltung war „Jugend- und Studentenproteste, Terrorzellen und der Radikalenerlass des Rechtsstaates“ die Gäste waren Ulrich Eidenmüller und die Zeitzeugin Gerlinde Fronemann. Den Bericht von Herrn Kubacki - Vielen Dank für die Organisation! - lesen Sie im Folgenden.

Erste Aula Lessing nach der Corona-Pause zum Thema „Jugend- und Studentenproteste, Terrorzellen und der Radikalenerlass des Rechtsstaates“ - Ulrich Eidenmüller im persönlichen Gespräch mit der Zeitzeugin Gerlinde Fronemann

Wie schnell gerät man als unbescholtene Bürgerin unter staatliche Beobachtung? Warum wird man als verfassungsfeindlich eingestuft, wenn man sich auf Demonstrationen für eine gerechtere Welt einsetzt? Ulrich Eidenmüller, Moderator des Formats „Music live et cetera “ von KlangKunst e.V. aus der „Hemingway Lounge“, präsentierte diese Fragen der Zeitzeugin Gerlinde Fronemann im Rahmen der schuleigenen Abendveranstaltung „Aula Lessing“. Gemäß unserem Motto, Schule nach außen zu öffnen und gesellschaftlich interessante Themen den Schülerinnen und Schülern im direkten Austausch mit Experten, Betroffenen oder Künstlerinnen nahezubringen, vollzogen der Moderator und die ehemalige Lehrerin Fronemann eine kleine Zeitreise in die 70. Jahre des 20. Jahrhunderts. Unter der Überschrift „Jugend- und Studentenproteste, Terrorzellen und der Radikalenerlass des Rechtsstaates“ wurden die 10. Und 11. Klassen eingeladen, sich auf die historischen Spuren einer aufbegehrenden sowie mit hehren Zielen gewappneten Jugend zu begeben.

Den Umständen des Termins geschuldet fanden sich leider nur etwa 35 Zuschauerinnen und Zuschauer ein und lauschten gebannt den Ausführungen der Zeitzeugin, die sich Anfang der 70. Jahre plötzlich mit einem drohenden Berufsverbot als angehende Lehrerin konfrontiert sah – weil sie sich nach eigenen Aussagen für eine gerechtere Welt einsetzte, weil sie die Kolonialzeit nicht unter den Teppich kehren wollte und weil sie sich gegen den Vietnamkrieg und für den Frieden einsetzte. Spätestens an dieser Stelle müssen sich die Schülerinnen und Schüler gefragt haben, warum der damalige Arbeitgeber Fronemanns, das Land Baden Württemberg, mit seinem Radikalenerlass und dem daraus abgeleiteten Berufsverbot gegen Menschen mit eigentlich guten Absichten vorging und diese sogar als verfassungsfeindlich einstufte. Herr Eidenmüller, Wegbegleiter der vom Berufsverbot Betroffenen, ordnete immer wieder diese Fragen in einen historischen Kontext ein und erläuterte, dass es eben nicht nur das friedliche Aufbegehren der damaligen Jugend gegeben hat, sondern einige wenige die Proteste in einen tödlichen Terror gegen Vertreter der damaligen BRD verwandelten. Die Reaktion des Rechtsstaates folgte in Form eines Generalverdachts gegenüber Millionen von Menschen, die sich fortan mit Denunziation und Berufsverboten konfrontiert sahen. Dieser Generalverdacht, staatsfeindliche Tendenzen zu unterstützen, wurde ihr nur deshalb zum Verhängnis, weil sie Demonstrationen und Versammlungen besuchte und der DKP angehörte, so die Ausführungen von Gerlinde Fronemann. Sie musste sich jahrelang für eine Verbeamtung durch viele Gerichtsinstanzen kämpfen, obwohl ihr immer wieder bescheinigte wurde, ihrer Arbeit als Lehrerin vorbildlich nachzukommen. Deutlich herausgestellt wurde an diesem Abend, dass viele Gleichgesinnte von Gerlinde Fronemann eben kein Feinde der Verfassung waren, sondern sich vielmehr für die Grundrechte wie die Würde des Menschen und die Meinungsfreiheit einsetzten -allerdings ohne staatliche „mind control“, wie der musikalische Einspieler „The wall“ von Pink Floyd den interessierten Gästen der ersten Aula Lessing nach der Corona-Pause das Fazit dieses Abends auf unterhaltsame Art und Weise zusammenfasste.

Wir bedanken uns bei allen Beteiligten, zuvorderst bei Herrn Eidenmüller sowie Frau Fronemann, aber auch beim Förderverein für die Unterstützung dieser Veranstaltung und der Möglichkeit, den Schülerinnen und Schülern Gesellschaftspolitik und Zeitgeschichte live erlebbar zu machen.